Gemen

Von 21. bis 26. August 1947 versammelten sich über 400 katholische Jugendliche aus dem Bistum Danzig zum ersten Mal nach Flucht und Vertreibung aus der Heimat auf der Jugendburg Gemen bei Borken in Westfalen. Initiator dieses ersten Gementreffens war Dr. Franz Josef Wothe, der spätere Apostolische Visitator der Danziger Katholiken (von 1968 bis 1985), seit 1940 Priester der Diözese Danzig und bis 1945 letzter deutscher Pfarrer der Gemeinde „Herz Jesu“ in Danzig-Langfuhr und Jugendseelsorger der Diözese.
Im Mittelpunkt des ersten Gementreffens stand die Freude des Wiedersehens und die Bewältigung des erlebten Leides. Dennoch erkannte man schon damals Aufgaben, die von da an die künftige Arbeit derer bestimmten, die die Tradition der Gementreffen aufbauten: Die Bewahrung und Pflege des heimatlichen geistigen, kulturellen und religiösen Erbes und das Bemühen um einen Beitrag zur Befriedung der Welt, insbesondere um Ausgleich und Versöhnung mit dem polnischen Volk.

Im Sinne dieser Aufgaben wurden schon beim ersten Gementreffen zwei für die Zukunft wesentliche Schritte getan: zum einen wurde die „Gemeinschaft der Danziger Katholischen Jugend“ gegründet als eine Vereinigung innerhalb der „Bundes der Deutschen Katholischen Jugend“, jedoch mit dem erklärten Ziel, die überkommenen Werte der verlorenen Heimat zu bewahren und fruchtbringend in dessen Arbeit einzubringen; zum anderen erging eine „Botschaft an die Katholische Jugend des polnischen Volkes in der Freien Stadt Danzig“, das erste Dokument der Versöhnung, drei Jahre vor der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ von 1950, 18 Jahre vor dem Briefwechsel der polnischen und deutschen Bischöfe von 1965.

Vom 3. bis 8. Juli 1996 fand das 50. Gementreffen statt. Die ca. 300 Teilnehmer darunter über 70 aus Polen, vornehmlich aus dem heute polnischen Danzig/Gdańsk bekräftigten nunmehr gemeinsam durch die „Erklärung aus Anlaß des 50. Gementreffens“ die 1947 von den jungen vertriebenen Danzigern zum Ausdruck gebrachte Absicht.

Der Geist des ersten Gementreffens – formuliert in dem ersten Leitwort: „Treu zu Christus – in Liehe zur Heimat“ – fand in den folgenden Jahren in drei Hauptaufgabenfeldern seinen Niederschlag: Kirche – Heimat – Europa, die die Thematik der über 60 Gementreffen beherrschten. Dabei spielte stets eine wesentliche Rolle, dass die Pflege des überkommenen historischen, kulturellen und kirchlichen Erbes nicht in der Rückschau, sondern unter dem Zukunftsaspekt gesehen wurde, was den deutlichen Unterschied zu vielen anderen Verbänden  der Vertriebenen ausmacht. Die Gementreffen waren in ihrer Thematik immer auch ein Brückenbau der Versöhnung nach Polen und vom Bemühen um Frieden, Freiheit und Verwirklichung der Menschenrechte in ganz Europa, insbesondere in Ostmitteleuropa gekennzeichnet.

Diese Aspekte wurden auf den Gementreffen  in eine vielfältige Bildungsarbeit umgesetzt, sowohl inhaltlich als auch methodisch: in Programmen für verschiedene Altersgruppen, in besonderen Formen der kulturellen Arbeit, der Geselligkeit und der Gottesdienste. Hunderte von Referenten, Gesprächsteilnehmern und Mitarbeitern haben in über 60 Jahren dabei mitgewirkt.